Montag, 31. Juli, Plovdiv

M. kam, um uns zum EVN-Büro zu bringen und zur Vorbereitung Kontakte zu knüpfen. Alles verläuft reibungslos und schnell. Unser vorbereiteter Reiseplan ist so detailliert, dass er ungefähr dasselbe wiegt wie unsere große Kamera und wahrscheinlich ausführlich genug wäre für eine drei Mal so lange Reise.

Rein ins Auto und ab über die Grenze ins EVN-Land.

Beim Verlassen von Sofia bemerken wir moderne Ruinen, Projekte von Bürogebäuden, bereits im Verfallen begriffen, bevor sie fertig gestellt worden waren. Ihrem Aussehen nach sind sie die fehlgeschlagenen Anfänge des „neuen“ Systems, architektonische Beweise von gescheitertem Investitionsenthusiasmus. Es wird noch interessanter, nachdem wir die Autobahn verlassen haben. Wir fahren durch Belovo nach Pazardzhik, vorbei an den hohen Mauern des Gefängnisses.

Das entfacht eine kurze Unterhaltung über Mafia-ähnliche Strukturen in der Landwirtschaft, eine Bemerkung, dass ein „Tomaten Don“ vor nicht allzu langer Zeit von einer Bombe in die Luft gesprengt worden war, wahrscheinlich ein Fehler seinerseits — niemand weiß es genau — und dass Geldwäsche und korrupte Regierungsbeamte zum täglichen Leben gehören. „Es gibt ein Sprichwort hier in Bulgarien“, sagt M., „wenn es etwas gibt, das du nicht mit Geld kaufen kannst, dann kannst du es mit sehr viel Geld kaufen.“

Neben einer Tankstelle ist ein Billa-Supermarkt und im Hintergrund eine Reihe von Baukastensteine-Hochhäusern zu sehen. Es ist fast so, als wären wir zurück in der Rennbahnsiedlung oder irgendeiner früher gebauten Wiener Wohnanlage, wenn man das Monument des erfolglosen Aufstandes von 1923 weglässt. Es scheint die Grenze zwischen den beiden kommerziellen Unternehmen zu bewachen. Der Aufstand war gegen einen Militärputsch gerichtet, besonders stark hier sowie in Pleven und Shumen, der die Regierung unter Alexander Stamboliski von der bulgarischen Nationalen Agrarunion absetzte. Die kommunistische Partei nahm nicht daran teil, inszenierte aber später im selben Jahr ihre eigene Version eines Aufstandes, der ebenfalls missglückte. Das erklärt die symbolisch gefesselten Arme des vorwärtsstrebenden Mannes, der ein Teil des Denkmals ist.