Dienstag, 29. Mai, Velingrad

Heute früh besuchen L. und ich das Schwimmbad Olympische Hoffnung am Stadtrand. Es befindet sich neben einem Glashauskomplex und gegenüber der Roma-Schule. Die Struktur wurde in den späten 80er-Jahren gebaut und war nur ein Rumpf, als die „große Veränderung“ kam. In diesem Zustand ist es die letzten 20 Jahre geblieben. Es gibt ein Gerücht, dass es halbfertig aufgegeben wurde, weil die Fundamente zu sinken begonnen hatten. Jetzt beherbergen die unausgefüllten Becken verstreuten Schutt und als ich näher komme, fliegt ein einzelner Rabe auf, durch einen Streifen von Licht und Schatten.

Am Nachmittag fahren wir alle eine Straße entlang, die auf der Karte als eine Nebenstraße angegeben wird, aber eigentlich ohne Vierradantrieb fast nicht befahrbar ist. Wir fahren über einen Staudamm und erreichen etwas später die kleine Stadt Batak. Die Stadt hat einen fixen Platz im bulgarischen Bewusstsein (und in den Schulbüchern) und ist eine Station auf dem Weg der Re-Formierung der nationalen Identität. Im späten 19. Jahrhundert gab es hier und in anderen Städten und Dörfern vor der russischen Entscheidung, den osmanischen Einfluss aus dieser Gegend zurückzudrängen, lokale Aufstände. Sie wurden mit solcher Brutalität niedergeschlagen (sogar für die damalige Zeit), dass westeuropäische und amerikanische Zeitungen über diese Massaker berichteten. Sie waren einer der Gründe für eine Neuausrichtung der britischen Außenpolitik angesichts des untergehenden Osmanischen Reiches.

Die Gebeine der Massakeropfer hier werden in einer kleinen Kapelle in einem mit Glas versiegelten Beinhaus aufbewahrt, Schauplatz von regelmäßigen Besuchen von jenen mit politischer Macht, politischen Ambitionen, der allgemeinen Bevölkerung und Schulklassen. Tatsächlich wurden am Eingang des Kapellengründstücks nur einen Tag zuvor von einem Politiker Blumen abgelegt. Es gibt absolut keinen Zweifel, dass die Ereignisse tatsächlich stattgefunden haben, aber historische Recherchen über das Ausmaß, den Kontext insgesamt und darüber, ob die Revolte verfrüht war, haben in den letzten Jahren Kontroversen hervorgerufen: der Impuls, harte Fakten systematisch zu überprüfen, wird der unangreifbaren, polierten Oberfläche eines nationalen Schreins gegenübergestellt.

Auf dem Platz vor der Kirche steht eine Gedenkbüste an Lady Emily Strangford. Sie kam im Herbst 1876 nach den Massakern nach Batak und half den Überlebenden. Lady Emily, ihr Mann war neun Jahre zuvor gestorben, war eine bekannte Reisende, die den Libanon, Griechenland und die Türkei besuchte und darüber schrieb. Sie gab auch Zeit und Geld für ein Krankenhaus in Kairo. Nicht weit davon entfernt befindet sich ein Museum, dem wir einen Besuch abstatten.