Damals war sie Turnerin, fährt sie fort, und wollte eigentlich Lehrerin werden, aber ihr Mann war gegen ein Studium. Sie lebte damals im Stadtzentrum, aber nach der Wende wurde ihr „nahegelegt“ ihr Haus, das Staatseigentum war, aufzugeben und in einen Außenbezirk zu ziehen. Jetzt, sagt sie, wurde das alte Haus gekauft und renoviert… Sie pflückt Rosen, um die Miete zu zahlen, von ihrer Pension kann sie nicht mehr leben.

Die Roma-Familie, die wir kennen gelernt haben, kommt aus einem Dorf in der Nähe von Kazanlak mit dem Namen Maglizh, den man anscheinend wie ein deutlich schottisches „Macliesh“ ausspricht. Wir werden sie morgen besuchen. Inzwischen wird die Rosenernte-Vorführung in Gegenwart deutscher, amerikanischer, japanischer und eines koreanischen Touristen immer dichter. Ich kann mir vorstellen, dass es die zwei letzteren an ihr Kirschblütenfest erinnert. Unser Versuch, die Musiker und die Rosenstreuerinnen auf die Felder zu begleiten, scheitert an einem entschlossenen Polizisten, der uns erklärt, die weiße Markierung am Straßenrand sei die temporäre Grenze zwischen jenen mit einem Hotelausweis und denen, die für eine zusätzliche Fotoerlaubnis bezahlt hätten. Anscheinend ist dieses Festival hier ein Potpourri-Event geworden, in dem Figuren, die den österreichischen „Perchten“ ähneln, vorkommen, mit haarigen Kostüme und Kuhglockengürtel, die bis zu zwanzig Kilo wiegen.

Interessant sind auch die modernen Adaptionen von traditionellen „Accessoires“: blonde, weiße, industriell hergestellte Puppen sitzen auf schwarzen, hölzernen Masken. Das ist die Seite, auf der wir Tourist/innen unsere zukünftigen Erinnerungen knipsen und filmen. Die Tänzer/innen tanzen, Diplomatenautos, die Deutschland und Norwegen repräsentieren, kommen an. Dann fährt ein Chauffeur die Königin mit ihren Hofdamen in einem Lada mit Vierradantrieb vor. Sie sammeln sich eine Zeit lang unter der Markise eines Marktstandes und „walten über den Geschehnissen“. Im Gegensatz dazu werde ich in den Bann eines sich seltsam verhaltenden, kuhähnlichen Geschöpfes mit sehr behaartem Gesicht gezogen, das mich auf eine nicht unfreundliche Weise anstupst, bevor es sich weiterbewegt, um den Nächsten zu finden. Als ich wieder aufschaue, ist die Königin nicht mehr da. Wir bleiben bis zum Schluss und am Weg zurück zum Hotel bemerke ich ein winziges Kabriolett.