Wir stoßen auf einen Stapel neuer Messgeräte in braunen Schachteln und L. sagt: „Ah, ‚Homosexuelle Indianer’.“
„Was?“
„Sie erinnern mich an die Ausstellung Geheimsache Leben – Schwule und Lesben in Wien des 20. Jahrhunderts, die eine von Franz Vranitzkys Schachteln seines politischen Archivs zeigte mit der Aufschrift „Homosexuelle Indianer“ – ohne Bindestrich.“

„Oder wieder Der Zauberer von Oz: Baum meinte einmal, dass er die Namen erfand, während er einen Aktenschrank mit zwei Laden betrachtete: A – N und O – Z.“
„Ich geb's auf.“

Wir steigen die Treppen hinauf auf das flache Dach und schauen auf den Dschungel von Strommasten, der sich bis zum Horizont erstreckt.

Bis jetzt sind wir hauptsächlich nach Südosten durch die Zentralebene gefahren, aber jetzt, da wir Richtung Asenovgrad unterwegs sind, wenden wir uns fast genau nach Süden, auf die Ausläufer des Rhodopengebirges zu, das sich Bulgarien mit Griechenland teilt. In der Stadt Asenovgrad besuchen wir eine kleine Werkstatt mit ungefähr zehn Angestellten, die eine lokale Besonderheit herstellen, nämlich Hochzeitskleider. Der vordere Ausstellungsraum ist so dicht mit der makellosen Formalität von weißen und hellfarbenen Hochzeitskleidern und Accessoires angefüllt, dass ich mich schwitzend deplaziert und physisch unbeholfen fühle. Die Besitzerin und die Angestellten stillen sehr geduldig unsere Neugierde, aber als eine Roma-Familie hereinkommt und sich wegen eines Kleides erkundigt, schleicht sich ein dissonantes Gefühl ein, als ob die Besucher/innen und die Kund/innen zwei ausgesprochen verschiedene Arten der Behandlung benötigten, die das Personal nicht wirklich ins Gleichgewicht bringen kann. Dass Geschäft verkauft nicht nur hier im Ort, sondern versendet auch Modelle nach Plovdiv und Sofia.

Später spazieren wir rund um den Markt und entdecken noch ein verlassenes Gemeindekino. Dieses Mal müssen wir aber leider außerhalb des Stacheldrahtzaunes bleiben, weil es unglücklicherweise keine Lücke gibt.