Der Unterschied ist, dass, während die anderen Gruppen lediglich statistische Kategorien sind und man sich auf einer individuellen Basis um ihr Nichtbezahlen und die abgeschnittene Stromversorgung kümmern kann, die Roma eine Gruppe sind, der Wohnraum zugewiesen wurde, oft an den Rändern der Städte, manchmal hinter Mauern. Das bedeutet, dass es das Unternehmen nicht nur mit einer Versorgungs-Zahlungs-Konfiguration zu tun hat, sondern mit einer erkennbaren und nachweislich benachteiligten Gruppe in der Gesellschaft, die faktisch in einem Ghetto lebt. Es wird ein hoher Grad an einfallsreichem Management nötig sein, um dieses Problem zu lösen…

Nach dem Besuch kehren wir ins Hotel zurück um zu duschen und verbringen den Nachmittag mit Surfen und damit, in der Altstadt herumzugehen. Plovdiv ist einer der ältesten fortwährend bewohnten urbanen Orte Europas und, wie Rom, auf einer Reihe von Hügeln gebaut. Seit der Antike ist Plovdiv mit Handel und Industrie verbunden, eine der kleineren Seidenstraßen führte hier durch, und es ist noch immer ein Zentrum für nationale und internationale Handelsmessen und Konferenzen. Wie der Zufall es will, stammte die Ausrüstung für eine der ersten Messen, die im 19. Jahrhundert elektrisch beleuchtet wurde, aus Österreich-Ungarn.

Die heißen Hügel hinauf und hinunter. Wir besuchen ein Haus aus der Periode der bulgarischen Wiedergeburt und betrachten das Ethnologische Museum von außen.

In einer der gepflasterten Straßen steht ein alter Mann mit einer Drehorgel. Ich nehme die Straßenatmosphäre auf, während L. mit ihm spricht. Es stellt sich heraus, dass er weit über achtzig Jahre alt ist, und er erwähnt wehmütig, dass er in seiner Jugend im Vorkriegsdeutschland als Zugführer für die Reichsbahn gearbeitet hatte, mit regelmäßiger Bezahlung. Jetzt sei er darauf reduziert, sagt er mit einem gewissen Maß an Bitterkeit, seine Kurbel zu drehen. Ich beobachte ihn eine Weile, während wir langsam den Abhang hinuntergehen, und bemerke, dass die Länge seiner Musikstücke mit der Geldmenge, die die Leute in seine Sammeldose werfen, übereinstimmt: für eine kleine Münze bekommt man nur ein paar halbherzige Drehungen… Wir besuchen ein Kaffeehaus, das buchstäblich am Berghang klebt, mit einer Terrasse mit Aussicht auf den steilen Abhang hinunter und über das Tal. Es ist auch ein Gebrauchtwarengeschäft, das einige mit Fächern ausgestattete Schiffskoffer zu verkaufen hat, einen davon mit Hotelaufklebern aus den 20er-Jahren. Das ist etwas, das ich in Ramschläden überall in Europa bemerkt habe, und ich frage mich, wann Hotels Schritt für Schritt aufhörten Gepäck mit Aufklebern zu versehen. Später kommen wir an einem Restaurant vorbei, an dessen Eingang ein Schwein liegt, das so tut, als wäre es ein Hund.

L. hat Geburtstag und so entschließen wir uns für ein Restaurant, das ein wenig teurer ist, auch mit Blick über den Großteil der Stadt und einer Terrasse, von der aus wir den Sonnenuntergang sehen können. Wir sind die einzigen Gäste und werden von zwei Kellnern in voller Uniform bedient. Wir unterhalten uns mit ihnen über die Geschichte Bulgariens und Ausdrücke wie „unter dem osmanischen Joch“ und „während der osmanischen Sklaverei“ tauchen auf. Sie wirken wie Ausdrücke aus der Schule, die Kellner sind jedenfalls alt genug, ihre Schulausbildung unter dem alten Regime abgeschlossen zu haben. Ist diese Haltung auch jetzt noch weit verbreitet? Dann bemerken wir einen Turm aus dichtem, schwarzem Rauch in der Ferne aufsteigen. In Österreich würde so etwas einen Großbrand bedeuten, ein Haus, ein Geschäftsgebäude oder vielleicht sogar eine kleine Fabrik, aber der Kellner zuckt nur mit den Achseln und sagt: „Das ist das Roma-Viertel“, als wäre nichts anderes zu erwarten. Ich speichere das Achselzucken für später, L. meint, sie habe den Eindruck, als hätte es dem Kellner nichts ausgemacht, wäre das ganze Roma-Viertel abgebrannt.