Auf dem Gebäude hängen auch Schilder, die Häuser für nur € 4000 anbieten. Der Kellner im Café erzählt, dass das vielstöckige Gebäude seit Jahren geschlossen ist, die Arbeitslosenrate zwischen 15 und 20 Prozent liegt und das, obwohl viele Leute in größere Städte oder sogar ins Ausland ziehen.

Wieder auf dem Weg Richtung Osten, dann Nordosten, fahren wir fast parallel zur türkischen Grenze, die nur ungefähr 30 Kilometer entfernt ist. Nach eineinhalb Stunden erreichen wir Burgas und ich bekomme meinen allerersten flüchtigen Eindruck vom Schwarzen Meer. Wir überqueren eine Brücke, die ins Innere der Stadt führt. Im Hafen mit seinen Containerkränen, die ihre Silhouetten ins Wasser  und in den Himmel werfen, scheint sehr viel Betrieb zu sein. Wir schauen uns den Bahnhof, der fast am Ufer liegt, an. 1903 erbaut, wurde er restauriert und erstrahlt jetzt in seinem ursprünglichen Glanz. Dann gehen wir stadteinwärts in die Fußgängerzone, entlang Hristo Botev. In den Seitenstraßen gibt es einige 100 Jahre alte Häuserwracks, aber auch viele neue Gebäude. Ich bekomme das Gefühl von einer Stadt am Meer und einer Universitätsstadt, ein bisschen, als wäre es die klimatisch heiße Version meiner Heimatstadt Aberdeen, beide scheinen ungefähr dieselbe Größe zu haben. Natürlich erhöht die Menge an Plakaten und englischer Werbung für Häuser und Wohnungen hier und in der Umgebung mein Bewusstsein vom Mangel an schriftlichem Feedback, das ich normalerweise für gegeben halte. Auf unserem Weg zum Historischen Museum bemerken wir in einigen Seitenstraßen viel Arbeit für die EVN, die „normale“ Art von elektrischen Spagettischlaufen auf den Fassaden der Häuser und über uns. Dann besuchen wir das Ethnografische Museum gegenüber der Kirche St. Cyrill und Method. Es scheint zugleich absolut logisch (mönchische Manuskripte usw.) und sehr seltsam, dass es eine Kirche gibt, die den Erfindern des Alphabets gewidmet ist. Der Grund für mein Unbehagen ist wahrscheinlich meiner fest verwurzelten Haltung zuzuschreiben, Kirche und säkulares Lernen auseinanderzuhalten. Wenn man hier aufgewachsen ist, ist es wahrscheinlich keine Frage, einfach nur eine Tatsache.

Als wir ein Projekt in Nepal planten, waren wir in einer vergleichbaren Situation. Wir betrachteten einige hölzerne Zeremonialmesser mit dreieckigen Querschnitten. Als wir einen der Sherpas nach der Bedeutung der Form und den Schnitzereien fragten, gab er uns eine prosaische Antwort:  „Kommt aus meinem Wasserhahn kein Wasser, hol' ich den Installateur, hab' ich ein spirituelles Problem, ruf ich den Priester. Ich muss nicht wissen, wie all das funktioniert.“