Der Wind nimmt zu, je höher ich steige. Er peitscht Staub auf, fegt um dunkle Ecken im Inneren oder drückt die in manchen der geschützteren Räume stockende Luft Wendeltreppen hinauf, vielleicht um sie daran zu hindern über die Vergangenheit zu brüten. Eine schwarze Katze geht auf der anderen Seite der Bühne vorbei, flach gegen die hintere Wand gepresst, genau meine Bewegungen beobachtend. Anders als in schottischen Schlössern haben hier die durch verlassene Räume wandelnden Geister von Playboys und Flittchen, von glücklichen Familien, bestechlichen Beamt/innen, gut genährten Parteibonzen und potentiellen Liebhaber/innen keine historische Substanz. Sie sind Schrödingers Geister, Produkte meines Gedankenexperimentes, Geister einer niemals eintretenden Zukunft. Irgendwie ruft die Idee und die monochrome Umgebung die Erinnerung an ein Zimmer von Chen Zhen in mir wach, in dem zahlreiche Alltagsgegenstände, von Zeitungen bis zu einem Fahrrad, zu finden sind. Das ganze Zimmer ist mit roter Erde „bemalt“. Im Unterschied zu den Leuten, die das Vergangene ausgraben, stelle er sich ein Zimmer vor, das erst in der Zukunft ausgegraben werden würde, meint der Künstler.

Nachts beantworten wir unsere E-Mails und recherchieren in einem Internetcafé voller computerspielender Menschen und spazieren dann durch die nächtliche Karnevalsatmosphäre von lauter Musik und einer unglaublichen Dichte an Restaurants und Jahrmarktattraktionen für Kinder und Erwachsene.

Anderswo finden sich kleine Ruheinseln, wo Straßenkünstler/innen ihre Modelle zeichnen, Zonen mit trauriger, instrumentaler Volks- oder Roma-Musik, die, nach den Münzen in der Sammelbüchse zu urteilen, anscheinend von fast niemandem wahrgenommen wird. Vier aufeinander folgende Nächte an einem Ort zu bleiben hat uns geholfen wieder zu Atem zu kommen, hat uns Zeit gegeben uns in Details zu verlieren und uns von den Strandaktivitäten der Stadt treiben zu lassen. Später, als wir um Mitternacht am Strand sitzen und reden, beobachten wir, wie eine Familie schwimmen geht, wie alle in den Wellen herumspringen, spritzen und schreien. Der Vater steht mit aufgekrempelten Hosenbeinen im Schatten des kleinen Lichtes auf dem Blitzschuh der Videokamera und filmt. Die Batterie geht zu Ende und Dunkelheit kehrt zurück, eine natürliche Abblende. Wir haben keine Kamera mit. L. erinnert sich an ein Ereignis in der Nähe des Stephansdoms während eines Stromausfalls in Wien. Sie war stehen geblieben, um sich an das fehlende Licht zu gewöhnen. Plötzlich blitzte es auf und für den Bruchteil einer Sekunde sah sie eine Familie vor dem Haupttor des Domes für ein Foto posieren.