Mittwoch, 9. August, Zheravna

Dann sind wir wieder nach Burgas unterwegs und ich habe ein bestimmtes, mir vertrautes Gefühl von Nach-Hause-Fahren, obwohl noch zwei Tage und viele neue Erfahrungen vor uns liegen. Der Grund ist, dass wir das Meer verlassen. Die Straße tanzt zur Küste hin und zurück, wie ein scheuer Asphaltfluss, frei von den Gesetzen der Anziehungskraft, die die echten Flüsse antreibt, um letztendlich ihre Identität dem Meer zu überlassen. Nachdem wir zum Kaffee trinken in Burgas gehalten haben, fahren wir in nördlicher Richtung auf einer Straße auf Meereshöhe weiter, entlang dem Rand einer Lagune. Wir überqueren sie, Wasser zu beiden Seiten, fahren entlang der Bucht von Burgas und erreichen Pomorie. Wie fast jede Stadt (egal welcher Größe), durch die wir in den letzten paar Tagen gekommen sind, ist auch sie eine riesige Baustelle. Überall um die Küste herum schießen Hotels in allen Formen und Größen in die Höhe, meist mittelgroße bis große, und ich nehme an, dass es schwerwiegende, unregulierte, ökologische Konsequenzen haben wird. An der Anzahl der neuen Gebäude ist klar zu erkennen, warum die EVN eine mobile Umspannstation in Betrieb genommen hat, sie wurde in Österreich gebaut, auf zwei Anhänger geladen und entlang der Donau verschifft.

Pomorie selbst liegt an einer Salzlagune und hat eine lange (und anhaltende) Geschichte der Salzproduktion. Nachdem wir das kleine Salzmuseum besucht haben, stehen wir draußen und beobachten Kormorane, wie sie sich putzen. Sie sitzen auf Pfosten, die aussehen, als wären sie Überreste eines alten Anlegesteges.

Das nächste auf der Tagesordnung ist ein kurzer Aufenthalt beim EVN-Standort in diesem Gebiet. Als ich an einem Lastwagen im Vorhof vorbeikomme, höre ich eine knisternde Stimme, die irgend etwas zu fragen scheint. Da sonst niemand da ist, öffne ich die Autotüre und entdecke ein vor sich hin murmelndes Funkradio. Die Teams verwenden es zur Kommunikation im Außendienst. M. kommt und übersetzt einige Sätze. Ich schalte das Aufnahmegerät ein.

Manche Häuser der Stadt stammen aus der so genannten Periode der Nationalen Widergeburt und sind den Holzhäusern, die wir in Sozopol gesehen haben, ähnlich. Danach lassen wir das Meer ein für allemal hinter uns und sind fast genau nach Westen Richtung Karnobat und Sliven unterwegs. Doch dann fahren wir zuerst in das Balkan-Vorgebirge und sind auf dem Weg nach Kotel. Wir kommen am Straßenrand an einigen leerstehenden Fabriken vorbei und ich mache wieder eine kleine Notiz: was waren die Unterschiede von Fabriksarbeit im kapitalistischen und kommunistischen Europa?