Zwei verschiedene Stoffe sind miteinander vernäht. Sie bilden Schläuche, Ärmel und Endstücke, sie sich zu den Seiten hin schlank verzweigen. Während die weißen Teile opak sind, sind die schwarzen halbdurchsichtig, fast wie ein Trauerschleier. Mi-Parti nannte man im späten Mittelalter die Mode der kontrastierenden Kleidung. Zuerst wurden die Hosen farbig in vertikale Streifen geteilt, dann ganze Körperkleider bis hinunter zu den Beinlingen. Hier handelt es sich weniger um ein tragbares Kleidungsstück, denn um einen Textil, das am Boden liegt, ein ungewöhnlicher Sack oder verkleinertes Segeltuch. In ihm sind mehrere Dosentomaten verborgen. Sie geben dem Stoff Körper, der weichen Hülle harte metallische Fülle. Die Dosen stammen – das ist durch das schwarze Gewebe hindurch sichtbar – von der Firma Pelati Pomodoro aus Italien. Es sind handelsübliche Ingredienzen. So rückt in die Aufmerksamkeit, was kaum beachtet wird und beim Kochen vermengt. Doch schon Andy Warhol hatte die Campbell-Suppendosen zu künstlerischem Status geadelt. Anne Sophie Berger, die eine Absolventin der Mode-Design Klasse der Wiener Angewandten ist und heute in New York lebt, beschäftigt sich mit Kleidung. Sie unterwirft sie einem verändernden Transfer, einer Verfremdung. Einer klaren Sinngebung oder verständlichem Gebrauch entziehen sich ihre Objekte. Manche erinnern an die Textilarbeiten von Franz Erhard Walther, von dem sich auch ein Werk in der evn sammlung befindet, andere an die Filz-Skulpturen von Robert Morris. Meist aber verlässt Berger das monumentale Format, auch das Aufgerichtete der Form. Eher entstehen Skulpturen, die wie hunch nur Gefühl vermitteln, eine Ahnung oder Andeutung. Diese Werke wirken wie liegen gelassen, vergessen, zufällig, vielleicht sogar übersehen oder leblos. Dabei rückt stets die Abwesenheit in den Blick, die Absenz des Körpers und der Akt des Arrangements. In einem Text, der wie ein Gedicht gesetzt ist, schreibt Berger: “I could tell you about the body that fills up this dress. A body that touched softly on silk.”

Thomas D. Trummer, 2019