Hochdekorierte* Maler*in
Ashley Hans Scheirl
Acryl auf Leinwand
200 × 160 cm
2024
Ankauf 2025
Inv. Nr. 0498
In Ashley Hans Scheirls Gemälden verschmelzen Körper, Tabus und Materialität zu einem sinnlich intensiven Gefüge. In »Hochdekorierte Maler*in« (2024) schießt aus den Fingern eines rätselhaften Wesens eine gelbliche Fontäne, die irgendwo zwischen Springbrunnen, Blumenbouquet und obszönem Urinerguss liegt. Vor diesem Sprühnebel zeichnet sich ein fragmentiertes Gesicht ab. Keine Stirn, dafür markante Wangen, ein ausgeprägtes Kinn und durchdringende Augen, die wie eine Maske den Blick erwidern. Während das Gesicht fast wie ein grafisches Werbemotiv wirkt, fehlt dem Körper darunter die Kontur. Es ist eine knollige, pastos modellierte Gestalt, teigig und unbestimmt.
Scheirl arbeitet mit Acrylfarben, also künstlichen, plastifizierten Materialien, und nutzt die Illusion von Sprühen, Rinnen und Ergießen, um organische Körperprozesse sichtbar zu machen. Die aufgetragenen Partikel wirken wie feuchte Flüssigkeiten oder Unrat. Die Zonen aus Weiß, Schwarz und Grau erzeugen Schwellungen und Unbestimmtheiten und verdeutlichen den Gegensatz von Reinheit und Schmutz, moralischer Ordnung und Tabu.
Ein dominierendes Motiv ist die gelbliche, schablonenartige Silhouette mit Ei-förmiger Ausnehmung. Sie wird wie ein Bühnenprospekt in den Bildraum geschoben, wirft einen Schatten und kann als Kussmund oder erregte Schamlippen gelesen werden. Am unteren Rand hängt eine goldene Kette mit einem Pinsel, der greifbar naturalistisch erscheint und sowohl als künstlerisches Werkzeug als auch als Sinnbild erschlaffter Potenz dient. Er bildet ein offenkundiges Gegenstück zum weiblichen Umriss der Schablone.
Thomas D. Trummer, 2025
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